Nachruf, verfasst von Dipl.-Psych. Anna Mendelson

Frau Jovasevic ist im damaligen Jugoslawien geboren und aufgewachsen. Nach einem erfolgreichen Studium der Filmwissenschaften verspürte sie den Freiheitsdrang und den Wunsch, sich aktiv für die freie und friedliche Welt einzusetzen. 

Im Spätsommer 1989 gelang ihr schließlich die Ausreise in die deutsche Botschaft in Budapest, in der sie auch ihren späteren Ehemann, Milun, kennenlernte. Sie beide erzwangen gemeinsam mit tausenden Menschen, viele von ihnen Urlauber aus der DDR, ihre Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland. Durch ihre aktive Rolle beteiligte sie sich somit gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann am Zusammenbruch des DDR-Regimes.

In Bremen angekommen arbeitete Frau Jovasevic zunächst für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Nach dem Umzug nach Berlin gründete sie eine Familie und widmete sich sehr hingebungsvoll ihren beiden Kindern. (Ich kann es bezeugen, ich habe die Kinder aufwachsen sehen.)

Traditionelle Werte zweier Kulturen vereinbarte sie ausgesprochen geschickt.

Als eine bemerkenswert wissbegierige, offene und auf die Menschen zugehende Person beschloss sie, noch ein weiteres zu Studium absolvieren. Diesmal sollte es das Psychologiestudium an der Elite-Uni FU Berlin sein.

Kennengelernt haben wir uns in der ersten Statistikvorlesung des gefürchteten Univ.-Prof. Dr. Michael Eid. Wir hatten uns glücklich geschätzt, uns gefunden zu haben, denn uns verband damals die Angst vor dem Scheitern. 

Von der ersten bis zur letzten Prüfung haben wir das anspruchsvolle Studium gemeinsam durchgestanden sowie gemeinsam die herausfordernde Psychotherapieausbildung absolviert. Wir lachten, weinten und unterstützten uns unaufhörlich über all die Jahre. Während des Studiums musste Frau Jovasevic einen schweren Schicksalsschlag, den Tod ihrer Mutter, verkraften. Bei der Bewältigung der Trauer zeigte sich ihre Kämpfernatur und ihre Zugewandtheit dem Leben gegenüber. Auch die letzten sieben Jahre kämpfte sie würdevoll gegen die Tücken ihrer hinterlistigen Erkrankung.

Ihrem Ausbildungsinstitut, dem Berliner Lehr- und Forschungsinstitut (DAP) e.V., war sie treu verbunden. Mit großer Begeisterung nahm sie an dem Kongress in St. Petersburg teil. Ihr Wunsch war es gewesen, sich nach der Approbation aktiv im Institut-Geschehen zu engagieren. Bedauerlicherweise kam es dazu nicht mehr.

Bis zuletzt arbeitete Frau Jovasevic in ihrer psychotherapeutischen Praxis in Sachsen, in einem stark unterversorgten Landstrich. Sie brannte für den psychotherapeutischen Beruf und schöpfte daraus sehr viel Kraft. 

Aus dem Beruf wurde eine Berufung. Das Verstehen und das friedliche sowie gerechte Miteinander standen im Zentrum ihrer Arbeit. Geprägt durch den Jugoslawienkrieg in den 1990er Jahren brannte ihr Herz besonders für die Benachteiligten und die Vergessenen unserer Gesellschaft. Dabei war sie selbst sehr bescheiden und sprach wenig über ihr starkes Engagement.  

Frau Natasha Jovasevic hinterlässt eine Familie. Ihre zwei reizenden Kinder und ihren Ehemann, der seit dem Tag in der Deutschen Botschaft in Budapest bis zu ihrem letzten Atemzug nicht von ihrer Seite gewichen ist. Er begleitete sie durch ihr zwar viel zu kurzes, aber dennoch ereignisreiches und erfolgreiches Leben sowie durch die schweren Jahre der Erkrankung und bis zu ihrem Tod. 

In diesen schweren Stunden wünsche ich der Familie viel Kraft und viele lieben Menschen, die sie unterstützend durch die Trauerzeit begleiten. Bei dem Gedanken an Natasha überkommt mich eine große Dankbarkeit mit diesem einzigartigen, liebenswerten und besonders herzlichen Menschen ein Stück Lebensweg gemeinsam gegangen zu sein.    

Frau Natasha Jovasevic mochte es nicht, wenn um ihre Person viel Aufsehen gemacht wurde. Um ihrem Wunsch nachzukommen, wird sie im Rahmen einer Stillen Beerdigung am 14. November um 11:00 Uhr auf dem Friedhof Steglitz beigesetzt. 

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